Erlebnisse und Erfahrungen der beiden Schutztruppenoffiziere
August und Heinrich Fonck in Deutsch-Ostafrika

von Bernhard Buchholz


Büchersammler werden beim Namen Fonck aufhorchen. Heinrich Fonck publizierte 1910 sein umfangreiches, vielzitiertes und heute im Original kaum noch beschaffbare Werk: „Deutsch-Ostafrika - eine Schilderung deutscher Tropen nach 10 Wanderjahren“. Der Allerweltstitel des Buches lässt Burschen- und Wanderschaftserlebnisse, vielleicht auch Jagderlebnisse erwarten. Doch das Buch, eines der Standard- und Zitierwerke über das koloniale Deutsch-Ostafrika, fasst persönliche Erlebnisse aus dem Hinterland von Mpapua über Urundi und den Tanganjikasee zusammen. Geschichte wird anhand von Lebensstationen plötzlich plastisch, konkret und nachvollziehbar.

August Fonck, der ältere Bruder der Foncks, geb. am 26.07.1868 in Oberwesel, wurde nach einer Kadettenausbildung 1888 Leutnant und trat am 08.02.1893 zur kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika über. Im Kampf gegen die kriegerischen Wahehe erhielt August Fonck am 02.08.1894 quasi die „Feuertaufe“. Nach Übergriffen der Wahehe auf benachbarte Völkerschaften und fortgesetzte Kriege wurde August Fonck vom deutschfreundlichen Häuptling Damass um Hilfe ersucht. Als damaliger Leutnant schreibt Fonck dazu im Bericht über seinen Marsch von Mpapua nach Ugogo (DKB 1894): „Häto sollte zum Schauri kommen, er ließ sagen, er mache seinen Schauri alleine. Eine Bestrafung hielt ich für erforderlich.“ Im Gefecht gegen Wahehehäuptling Häto bei Kundaß wurde Fonck durch Pfeilschüsse an der linken Hand und Wade verletzt. Dazu berichtet Fonck detailliert in seinem Bericht von 1894: „[…] als Waffe führen sie Bogen, vergiftete Pfeile, vielfach mit Holzspitze, die in der Wunde abbricht, und kurzen Speer. Das Pfeilgift wird aus verschiedenen Pflanzen mit wolfsmilchartigen Saft bereitet und wirkt frisch tödlich; als Gegenmittel wird die Wunde ausgesogen, dann Tabak oder eine kleine, apfelartige gelbe Frucht, die überall wächst, durchschnitten aufgelegt.
Die Überlieferungen des Unterganges der Zelewski-Expedition waren bei ihm noch in frischer Erinnerung und bekamen so eine persönliche Prägung. Im Jahre 1895 wurde August Fonck zum Oberleutnant befördert. Zwei Jahre darauf, 1897, wirkt Fonck wiederum in Uhehe. Bei einem Gefecht gegen die Wabende-Sultane (Großraum Bismarckburg) vom 12.-19.09.1900 kämpft August Fonck zusammen mit 2 Europäern und 60 Askari. Bei dem Gefecht am 18.09.1900 wird August Fonck durch einen Streifschuß am Kopf und einen Speerstich am rechten Arm verletzt. Bis hinein in das Jahr 1901 wirkte Fonck in Bismarckburg als Stationschef. Daran schließen sich die Jahre 1901-1903 als Stationschef in Mpapua an, bei der August Fonck im Jahre 1902 als Stationschef folgerichtig zum Hauptmann befördert wurde.
Die Folgezeit erlebt Hauptmann Fonck zuerst in Moschi, wo er von 1904-1905 als dortiger Stationschef arbeitet, bis er 1905 mit 3 Europäern, 55 Askari und einem MG während des Ausbruchs des Maji-Maji-Aufstandes im August 1905 die Aufgabe erhält, Daressalam gegen die Wassaramo sowie Kissaki und Morogoro bis in das Hinterland des weitläufigen und unübersichtlichen Morogoro-Gebietes zu schützen. Am 18.10.07 scheidet August Fonck aus der kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika aus und verstirbt am 11.03.1935 als Oberstleutnant a. D.

Heinrich Fonck, der jüngere der Foncks, geb. am 05.09.1869 in Oberwesel, wurde wie sein Bruder nach einer Kadettenausbildung ein Jahr später, 1889 Leutnant und trat am 12.12. 1894 zur kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika über. Im Jahre 1897 wird Heinrich Fonck zum Oberleutnant befördert. Die Station Udjidji übernimmt Fonck am 11.07.1898 kommissarisch von Langheld. Eine Strafexpedition im Jahre 1899 führt ihn zusammen mit 25 Askari vom 09.-20.02. gegen Upogoro in den Großraum Mahenge. Vom 04.07.-04.08.1899 unternimmt Fonck eine weitere Strafexpedition, diesmal gegen die Matschembe im Großraum Mikindani. Auf diese Erfahrungen kann Heinrich Fonck zurückblicken, als er 1903 seinem Bruder August als Stationschef von Mpapua folgt. Ein Jahr später, dem letzten Jahr als Stationschef von Mpapua, wird Heinrich Fonck zum Hauptmann befördert. Im Jahre 1906 nimmt er ein Angebot des Auswärtigen Amtes an, im Beurlaubungszustand von seiner Tätigkeit bei der Schutztruppe 1907/08 beimHeinrich Fonck kaiserlichen Gouvernement von Deutsch-Ostafrika zu arbeiten. Gouverneur Graf Götzen bittet ihn 1908 für rund ein Jahr die Aufgabe des kaiserlichen Residenten von Urundi zu übernehmen. So lernte Heinrich Fonck das bis dahin weitestgehend abgeschlossene Urundi mit seiner enormen Bevölkerungsdichte (1,5 Mill. Schwarze) und die Spezifik der indirekten Verwaltung kennen. Das Niederlassungsverbot durch das Gouvernement für europäischer Siedler, das auf Empfehlung Richard Kandt neben Urundi auch für Ruanda und Bukoba galt, war weitestgehend dem ungleichen Kräfteverhältnis zwischen Schwarzen und Schutztruppe zuzuschreiben. In einem Konfliktfall wäre ohne die Zuhilfenahme der indirekten Herrschaft jede Form der Machterhaltung der Deutschen kläglich gescheitert. Die dadurch in Kauf genommene Zwietracht zwischen Hutu und Tutzi sollte bis in die nachkoloniale Gegenwart weiterwirken. Am 20.01.1910 scheidet Heinrich Fonck aus der kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika aus und stirbt am 06.06.1933 als Oberstleutnant a. D.

Mpapua, Bezirksort, Station und Mission liegt in der Landschaft Ugogo (1030 m ü.d.M.) südl. des 600 m höheren Gneisgebirges im Regenschatten der Landschaft Usagara. Im Jahre 1889 als einzigste Innenstation der DOAG von Wissmann errichtet, von einer 4 m hohen aus Felsen errichteten Mauer (36 : 45 m) mit 2 Bastionen umgeben, liegt sie im Knotenpunkt an der Karawanenstraße nach Tabora bzw. als zentrale Station aus dem Seengebiet, starb der Ort mit dem Baubeginn der 10 km entfernten Mittellandbahn, die Mpapua nicht berührte, zunehmend ab. Mpapua war um 1900 Stationierungsort der 4. Schutztruppenkompanie mit einem Hauptmann als Stationschef, 1 Stabsarzt, 1 Zahlmeisteraspirant, 2 Unteroffiziere, 10 Chargen und 55 Askari sowie 4,7 cm Schnellfeuerkanone ausgestattet. Um 1900 gehörte Kondoa-Irangi zum Bezirk Mpapua, der selbst Stationierungsort einer Abteilung der 4. Kompanie war, und unter Ltn. Baumstark gegründet und ausgebaut wurde.
Diese Innenstation 1889 von der DOAG aufgegeben und von Rebellen zerstört, wurde 1906 Bezirksamt und damit ziviler Verwaltung unterstellt. Am 20.04.1895 öffnete die Postagentur von Mpapua. Die Postaufgaben wurden von der Schutztruppe wahrgenommen. Mit dem Erreichen der Mittellandbahngleise von Kilossa am 01.01.1910 und dem Erreichen von Dodoma am 01.10.1910 versank Mpapua mehr und mehr in der Bedeutungslosigkeit. In der Folge wurde Mpapua 1911 Bezirksnebenstelle von Dodoma und nach dem 15.08.1912 wurde das Territorium des Bezirkes Mpapua zwischen Kondoa-Irangi und Dodoma aufgeteilt.
 


Erstveröffentlichung dieses Artikels in „Berliner Protokolle“ Nr.70